Vom Innovationsmotor zur Entwicklungsbremse? Wir müssen über Google reden.

30.11.2021
7+3 Gründe, warum es hier ein Problem gibt!

Google ist ein großes Unternehmen. Die Internetsuchmaschine hat sich zu einem Tech-Giganten entwickelt, der in fast allen IT-Bereichen tätig ist - von E-Mail über digitale Werbung bis hin zu Cloud-Lösungen.

Das wäre an sich kein Problem. Wenn jemand ein Qualitätsprodukt anbietet, ist es klar, dass es von vielen Menschen genutzt wird. Und Google hat Qualitätsprodukte.

Das Problem beginnt mit der Machtkonzentration, die es Google ermöglicht, seinen Mitbewerbern auf unfaire Weise auf die Zehen zu treten. Außerdem kann Google aufgrund seiner Allgegenwärtigkeit personenbezogene Daten aus verschiedenen Diensten kombinieren und weiß damit praktisch alles über seine Nutzer.


Warum ist die Machtkonzentration ein Problem bei Google?


Dominanz in der Online-Suche und die Fähigkeit, auf individueller Ebene zu beeinflussen, was jemandem angezeigt wird (Google-Suche).

  • Enorme Datenmengen von Milliarden von Smartphones und die Macht darüber, welche Apps installiert und welche nicht deinstalliert werden können (Google Android).
  • Detaillierter Einblick in das Besucherverhalten auf einem großen Teil der Websites (Google Analytics).
  • Eine starke Position in der Online-Werbung, die in Zukunft durch die Entscheidung von Google, Cookies von Drittanbietern zu blockieren und durch seine FLoC-Lösung (Federated Learning of Cohorts) zu ersetzen, weiter gestärkt wird.
  • Kontrolle über die Entwicklung der meisten Webbrowser, einschließlich Edge und Chromium.
  • Eine kleine Armee von Lobbyisten und Anwälten in Brüssel und anderswo, deren Hauptziel in der
    Erhaltung des Status quo besteht.
  • Die Dienste von Google werden zunehmend auch staatlicherseits genutzt, so dass der Missbrauch
    oder Diebstahl von Daten Auswirkungen auf die nationale Sicherheit haben kann.

Dass sich Google nicht nur am Rande der geltenden Gesetze bewegt, sondern oft darüber hinaus, zeigen die Klagen und regulatorischen Eingriffe der Europäischen Kommission in den letzten Jahren:

  • Allein im Jahr 2017 verhängte die Kommission eine Geldstrafe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gegen Google, weil Google sein nächstes Produkt, Google Shopping, bei seiner eigenen Suche bevorzugt hatte. Und während die Anzeige der Websites von Mitbewerbern den Standardregeln von Google folgte (diese Websites fielen bspw. in den Suchergebnissen zurück, wenn die Nutzer nicht zu oft auf sie klickten), war Google Shopping von diesen Regeln nicht betroffen. Google legte gegen das Urteil Berufung ein.
  • Eine weitere Geldstrafe in Höhe von 4,3 Milliarden Euro betraf das Android-System. Google hat die Hersteller von Android-Telefonen nämlich gezwungen, auf ihren Geräten neben Google Search und dem eigenen Browser Chrome keine andere Suchmaschine und keinen anderen Browser zu installieren.
  • Die dritte, seitens der Kommission verhängte Geldstrafe beträgt 1,49 Milliarden Euro. Google verunmöglichte Websites, die sich seines Browsers bedienten, die Anzeige von Werbung, die nicht von Google AdSense stammte.


Diese drei Fälle haben eines gemeinsam: Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung in einem Bereich (Suche, Betriebssysteme), um einen unlauteren Vorteil in einem anderen Bereich (Online- Shopping, Web-Browser, digitale Werbung) zu erlangen. Diese Praktiken schaden nicht nur den Mitbewerbern von Google, sondern auch uns, den Nutzern, denen durch diese Monopolisierung Wahlmöglichkeiten genommen werden.

Weitere Verfahren und Ermittlungen laufen noch – nicht nur in der EU, sondern auch in Amerika. Erwähnenswert ist auch die kreative Buchführung von Google, dank derer das Unternehmen unter Nutzung diverser Steueroasen große Teile seiner sonstigen Steuerlast vermeiden kann.

Das Monopol von Google ist bis zu einem gewissen Grad ein natürliches Phänomen, der sogenannte Netzwerkeffekt. Dieser ist typisch für das Online-Umfeld und bedeutet, dass der Wert eines bestimmten Produkts umso höher ist, je mehr Menschen es nutzen. Umso notwendiger ist es, dafür zu sorgen, dass Google und andere Online-Giganten ihre Position nicht missbrauchen.

Die neuen Vorschläge aus der Feder der EU, die sich im Gesetzes über digitale Märkte und im Gesetz über digitale Dienste wiederfinden, zielen auf eine umfassende Änderung der Regeln für den digitalen Markt ab. Mein Ziel ist es, die digitalen Märkte für neue Akteure zu öffnen und den Nutzern mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben.

Ich bezweifle nicht, dass Google hinter vielen großartigen technologischen Lösungen steht. Wir müssen aber dafür sorgen, dass der Innovationsmotor nicht zu einer Entwicklungsbremse mutiert.