Es zeichnen sich neue Regeln für alternative Fonds ab: mehr Transparenz, mehr Möglichkeiten und mehr Schutz für Anleger
19.04.2022Worum geht es?
Die Wirtschaftskrise von 2008 brachte viele Veränderungen im Bereich Wirtschaft und Investitionen mit sich, darunter eine neue Richtlinie der Europäischen Union über Anlagen in alternativen Investmentfonds. Als alternative Anlagen werden all jene bezeichnet, die nicht in die „klassische Kategorie“ der Investition in hochliquide Kommoditäten wie Anleihen, Aktien und Währungen fallen und nicht den Anforderungen für Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapieren, kurz OGAW, entsprechen. Daher fallen Immobilien, seltene Rohstoffe, Edelmetalle, aber auch Kryptowährungen in die Kategorie der alternativen Anlagen.
Die vorgenannte Regelung bezieht allerdings nicht direkt auf alternative Anlagen als solche, vielmehr betrifft sie Fonds, die diese Anlagen in ihrem Portfolio haben, und insbesondere die Verwalter dieser Investmentfonds. Das Hauptziel dieser gesetzlichen Regelung aus dem Jahr 2011 bestand darin, ein bis zu diesem Zeitpunkt völlig unreguliertes Anlageumfeld, das zwar potenziell höhere Renditen abwarf als herkömmliche Fonds, aber auch ein höheres Risiko für die Anleger mit sich bringt, gewissen Regularien zu unterwerfen und zu harmonisieren. Darüber hinaus verlangten alternative Investmentfonds oft hohe Verwaltungsgebühren und waren sehr intransparent.
Ziel, Zweck und Mängel der aktuellen Gesetzgebung
Bringen soll die aktuelle Gesetzgebung in erster Linie Schutz für Anleger und eine Senkung der systemischen Risiken dieser Fonds. Alternative Investmentfonds, kurz AIF, richten sich sowohl an professionelle wie auch an Kleinanleger, wobei für letztere zusätzliche Schutzmaßnahmen gelten. Gleichzeitig wurden ein kohärenter Ansatz für die Beaufsichtigung der Verwaltung dieser Fonds und Regeln für die Zulassung und Beaufsichtigung ihrer Verwalter in der EU festgelegt.
Wiewohl diese neuen Vorschriften für alle in der EU registrierten Hedge-, Private-Equity- und Immobilien-Investmentfonds sehr erfolgreich waren, rufen die Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung der Liquiditätsmanagement-Instrumente und der Mangel an Details bei den den Aufsichtsbehörden übermittelten Marktdaten nach einer Aktualisierung dieser bestehenden Richtlinien. Insbesondere die erwähnten Hedgefonds (oder „abgesicherten Fonds“) sind sehr riskante Anlageinstrumente, da sie derzeit keinerlei Regulierung unterliegen und viele dieser Fonds in der Hoffnung auf große Gewinne fast blauäugig höchst riskante Anlagestrategien wählen. Zudem haben viele von ihnen ihren Sitz in einem so genannten Steuerparadies. Nicht zuletzt muss die Gesetzgebung als Reaktion auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union angepasst werden, da die Portfolios zahlreicher Fonds mit Sitz in der EU in London verwaltet werden.
Was ändert sich?
In ihrem Vorschlag unterbreitet die Europäische Kommission gleich auf zwei Ebenen Änderungen. Zum einen innerhalb der AIFM-Richtlinie (über die Verwalter alternativer Investmentfonds) selbst, und zum anderen soll diese Richtlinie an die bestehende OGAW- Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) angeglichen werden.
Wenn Sie also in diese Fonds investieren wollen oder bereits investiert sind, finden Sie hier die wichtigsten Gründe, warum Sie die Änderung der Richtlinie interessieren sollte.
- Schluss mit falschen Verwaltern in Drittländern
Delegiert ein Fondsmanager das Portfoliomanagement oder die Fondsverwaltung in Länder außerhalb der Europäischen Union, so muss die zuständige nationale Behörde diese Delegierung bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) melden und vollständige Angaben über das delegierte Subjekt, seine Funktion, seine Interaktionen usw. machen. Gleichzeitig muss der AIF mindestens zwei in der EU ansässige Personen für die Verwaltung des Fonds beschäftigen. Zudem enthält der Vorschlag auch regelmäßige Berichtspflichten für den beauftragten Verwalter an die ESMA, die seine Tätigkeiten betreffen. Die gleichen Regeln sollen gemäß Vorschlag auch für OGAW eingeführt werden.
Anders ausgedrückt hat dieser Teil des Vorschlags einen einzigen Zweck: Er soll vorgeschobene Verwaltungsgesellschaften aus Drittländern entlarven, die in Wirklichkeit nur „Briefkastenfirmen mit anonymen Eigentümern“ sind, und so die Finanzen der Anleger zu schützen versuchen.
- Effizienteres Liquiditätsmanagement
Über Liquiditätsmanagementinstrumente können Manager offener Fonds flexibel auf jeweils aktuelle Marktbedingungen reagieren und so die Interessen ihrer Anleger besser schützen. Die Verfügbarkeit dieser Instrumente für Fonds ist jedoch nach den derzeitigen Rechtsvorschriften unterschiedlich. Nun wird allerdings die ESMA mit der Entwicklung von Entwürfen für technische Regulierungsstandards beauftragt. Sie soll Definitionen liefern und die Merkmale von Liquiditätsmanagementinstrumenten spezifizieren, damit AIFM bei Bedarf Zugang zu einheitlichen Instrumenten haben.
- Faire Kreditvergabe durch alternative Investmentfonds
AIF können u. a. Darlehen an europäische Unternehmen und KMU vergeben und damit den Zugang zu einer breiteren Palette von Finanzierungsmöglichkeiten zu wettbewerbsfähigen Preisen eröffnen. Allerdings sind derzeit die nationalen Kreditvergaberichtlinien höchst unterschiedlich, was sowohl das Finanzierungsniveau verringert als auch den Aufsichtsbehörden die Überwachung des Finanzstabilitätsrisikos erschwert. Ziel ist es daher, den europäischen Unternehmen diese alternativen Finanzierungsmöglichkeiten zugänglich zu machen und die nationalen Rechtsvorschriften innerhalb der EU zu harmonisieren.
- Schluss mit unehrlichen Verwaltern
In dem Vorschlag werden auch die Angaben zu den Personen, die tatsächlich als IAF- Manager tätig sind, präzisiert. Sobald ein Verwalter in seinem EU-Mitgliedstaat eine Zulassung beantragt, muss er den zuständigen Aufsichtsbehörden eine Reihe von Informationen betreffend seine Tätigkeiten, seine dienstliche Einstufung, seine Verantwortlichkeiten usw. vorlegen.
- Grenzüberschreitende Verwahrstellen
Nicht zuletzt bieten AIF auch Verwahrdienste an. Diese sind derzeit allerdings unzureichend, weshalb die neue Richtlinie die Bereitstellung grenzüberschreitender Verwahrungsdienste vorschlägt.
Piraten: Ein guter Anfang, aber wir brauchen Anpassungen.
Die neue AIFM-Richtlinie geht definitiv in die richtige Richtung. Insbesondere die stärkere Beaufsichtigung von Fondsmanagern durch die Aufsichtsbehörden ist eine begrüßenswerte Entwicklung, die zur Verhinderung so genannter „Briefkastenverwalter“ beitragen wird. Die Harmonisierung der Liquiditätsmanagementinstrumente zur Verbesserung der Finanzstabilität, die verbesserte Datenerfassung und die verstärkte Offenlegung von Informationen über die an Finanzinstitute delegierten Tätigkeiten werden ebenfalls als wichtige Verbesserungen der derzeitigen Rechtsvorschriften angesehen.
Dennoch gibt es weiterhin erheblichen Spielraum für Anpassungen, insbesondere im Bereich der Delegierung an Dritte. Während AIF verpflichtet sein werden, die Übertragung von Verwaltungsfunktionen den zuständigen Aufsichtsbehörden außerhalb der EU zu melden, haben diese Organe keinerlei Möglichkeit, einer solchen Delegierung zu widersprechen. Die Frage, ob und wie die neuen Rechtsvorschriften für bestehende AIF-Verwalter und Anleger gelten werden, bleibt bislang offen. Gleichzeitig wurde argumentiert, dass einige der neuen gesetzlichen Anforderungen nachhaltige Fonds benachteiligen könnten. Eine Benachteiligung von Fondsmanagern, die ausschließlich in Unternehmen investieren, die den Umweltschutz fördern, ist für uns inakzeptabel (!).
Aber was ist am wichtigsten? Das Zustandekommen der Richtlinie und die Schaffung eines einheitlichen und funktionierenden europäischen Marktes. Würde sie in 27 lokale Vorschriften aufgespalten, so ginge uns eine große Chance auf effiziente und innovative Investitionen verloren.